Liebe Marke-Machende!
Damit hatten wir nicht gerechnet: Plötzlich stehen da sechs Musiker:innen auf der kleinen Bühne im Buch&Bohne in München und spendieren uns zum Abschluss unserer ersten Lesung des Jahres eine Runde feinsten 🇮🇹 Italo-Pop.
Eigentlich hätten die Amici dell’Espresso bereits bei unserer Buchpremiere spielen sollen. Da das nicht klappte, überraschten sie uns am Donnerstag diese Woche in München. Mille grazie!
Dieset unternehmungslustige Abend zur Macht Marke war das erste einer ganzen Reihe geplanter Events, in denen wir gemeinsam mit dem Publikum über Marke und Führung sprechen und diskutieren. Ein inspirierender Abend, der in einer furiosen 🥖 Brot-Rede von Lucas gipfelte … von der ihr weiter unten im Newsletter mehr lesen werdet.
Und damit bleiben wir – ganz gegen den aktuellen Trend – inhaltlich unpolitisch in dieser Ausgabe. Nicht ohne auf eine kleine Analyse des Wahlkampfs in Dirks Blog hinzuweisen und euch zu bitten: Geht demokratisch wählen!
Mächtig machbare Grüße,
Lucas & Dirk
Die Frage, wie weit das Thema Marke reicht, begegnet uns immer wieder. Ob als Kommentar-Post oder im direkten Gespräch. Lucas erzählt dann gern fogende Anekdote aus einer großen Sitzung mit ein paar dutzend Leuten in Frankfurt am Main. Sein damaliger Chef Andreas Heim präsentierte gerade leidenschaftlich die gesammelten Ergebnisse einer großen Markenanalyse mit vielen Interviews, Recherchen, Wettbewerbsbetrachtungen und Ortsbegehungen etc. pp. … als aus dem Plenum die Frage kam: “Entschuldigung, aber was verstehen Sie eigentlich alles unter Marke?” Leicht irritiert wollte Andreas gerade antworten, da kam ihm eine Teilnehmerin zuvor: “Also der Herr Heim hat mich ja auch interviewt. Und ich habe den Eindruck, er meint mit Marke alles, außer der Buchhaltung. Aber auch da bin ich mir nicht ganz sicher.”
Und genau daran mussten wir denken, als uns Matthias Dunker treffende grafische Antwort auf diese Frage in den LinkedIn-Feed gespült wurde.
Wer Marke im Marketing einsperrt, verkennt ihre Wirkmacht … und lässt ihr Potenzial zu weiten Teilen ungenutzt. Innerhalb einer Unternehmung und für eine Unternehmung kann und sollte alles – wirklich alles – nach den Maßgaben der Marke betrachtet, bewertet und entschieden werden. Sogar Buchhaltungsfragen. Oder sieht das irgendjemand hier anders?
Während wir uns des Alltags unter harten Trainingsbedingungen fortwährend im pragmatischem Optimismus üben, trommeln wir weiter für »Macht Marke«. Die nächsten Termine sind in Kitzbühel am 25. Februar. In München am 19.3. auf dem Media Lab Innovation Festival. In Hamburg am 27. März bei einer geschlossenen Veranstaltung des grandiosen Make Studio. In Leipzig am 28.3. nachmittags auf der Buchmesse und abends spricht Lucas im Rahmen von Leipzig liest mit Prof. Dr. Rico Manß im Impact Hub. Und am 3.4. spricht Lucas auf einer Brand Bowl des Brand Club in Wien. Und wer uns noch in anderen Städten auf die Bühne holen will, der schreibt uns bitte einfach.
Österreich ist für deutsche Markenmacher:innen wirklich ein interessanter Ort, denn in Sachen Kommunikation, Inszenierung und Erlebnis sind unsere südlichen Nachbarn uns nüchternen Deutschen doch um einiges voraus. Darum haben wir diesmal ein faszinierendes Beispiel für konsequente Markenarbeit aus den Alpen für euch, bei dem Lucas vor zehn Jahren gemeinsam mit Alex Pesjak als Berater des Institute of Brand Logic mitwirken durfte … und das sich bis heute bewährt.

Dafür besuchen wir die österreichische Hypermarkt-Kette INTERSPAR. Diese betreibt schon seit den Siebzigerjahren eigene Handwerksbäckereien, die an inzwischen acht Standorten im ganzen Land täglich frische Back- und Konditoreiwaren für die rund 70 Filialen backen. Die guten Voraussetzungen einer eigenen, handwerklichen Produktion mit entsprechend hoher Produktqualität war jedoch zunehmend schwer zu vermarkten. Zum einen, weil frische Backwaren für Kunden viel erreichbarer sind – rund um die Uhr an jeder Tankstelle. Zum anderen, da auch andere im Lebensmittel-Einzelhandel davon profitieren wollen, dass frische Backwaren für die Kunden ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl der Kaufstätte sind – weshalb sie inzwischen auch jeder Discounter führt.
Vor zehn Jahren erteilte daher INTERSPAR einer aus allen Geschäftsbereichen cross-funktional zusammengewürfelten Projektgruppe den Auftrag, die Neuausrichtung zum führenden Bäcker im österreichischen Lebensmittelhandel zu entwickeln und umzusetzen. Unter Begleitung des Institute of Brand Logic analysierten diese über 40 Personen erst gemeinsam den Status quo und erarbeiteten dann ein klares, konkretes Zukunftsbild. Ihr Ergebnis: Wenn frische Backwaren überall verfügbar sind, so der gemeinsame Beschluss, muss der INTERSPAR Backstube künftig seine Differenzierung über die Qualität handwerklich hergestellter Backwaren mit dem vollsten Geschmack gelingen.
Gesagt, getan: Bereichsübergreifende Arbeitsgruppen setzten die Idee um. Gestrafftes Sortiment, überarbeitete Produkte, veränderte Verkaufstechniken, neuer Ladenbau und kommunikativer Auftritt wurden angepasst um handwerkliches Backen und vollsten Geschmack in den Vordergrund zu stellen. Innerhalb von Monaten gestaltete die Projektgruppe bestehende Prozesse und Strukturen um und schaffte zügig sicht- und zählbare Ergebnisse. Das der Widerstand innerhalb der Organisation dabei gering blieb, lag daran das die Strategie im bereichsübergreifenden Dialog gemeinsam entwickelt und entschieden worden war. So waren die Gründe für Änderungen intern bekannt und konnten von vielen bereits argumentiert werden, als sie bekannt wurden.
Besonders deutlich wurde dies am Beispiel der Diskussion ums Thema Brot. Das neue Zukunftsbild war gerade frisch definiert und die Gruppe begann daraus konkrete Arbeitsaufträge für die Umsetzung zu formulieren. Da meldete sich ein Bäckermeister, der die vorangegangenen Diskussionen bislang eher skeptisch und wortkarg begleitet hatte. „Wenn ihr das ernst meint mit dem echten Bäckerhandwerk und dem vollsten Geschmack, dann brauchen wir aber auch wirklich gutes Brot.“ Zustimmendes Nicken aller Kollegen. „Aber ihr wisst schon, das wir für das richtige Kruste-Krume-Verhältnis und eine lange Frischhalte mit Brotlaiben unter zwei Kilo gar nicht erst anfangen müssen.“ Hektische Blicke unter den Kollegen aus dem Verkauf. Es täte ihnen ja Leid, aber der Kollege wisse doch das die Kunden im Supermarkt nach kleinen, schnell konsumierbaren Produkten verlangten. Zudem wäre Brot ja ohnehin schon ein rückläufiger Artikel mit unverhältnismäßig hohen Verderbzahlen. Darauf erwiderte der Bäckermeister. „Schon klar, ich wollte ja nur wissen wie ernst es euch ist mit dem Bäckerhandwerk und dem vollsten Geschmack.“ Darauf ein Verkäufer. „Moment, wir haben doch in München diese Bäckerei gesehen die nur Großbrote verkauft. Die schneiden die vom Laib nach Kilo runter. Und die unverkauften Brote werden am nächsten Morgen aufgeschnitten, abgepackt und in Selbstbedienung angeboten.“

Innerhalb von nur zwei Jahren wurde das neue Konzept des Handwerksbäckers für den vollsten Geschmack in allen Hypermarkt-Filialen implementiert. Die neu ins Sortiment genommenen, traditionell gebackenen Großbrote bilden dabei die Speerspitze der Geschmacksoffensive. Aufgrund ihrer spürbar hohen Qualität sorgten sie für steigende Umsätze in der generell eher rückläufigen Kategorie ‘Brot’ und dank der geschickten Verkaufstechnik auch noch für deutlich gesunkene Verderbzahlen bei diesem Artikeltyp. Dieses unhandliche Produkt überhaupt anbieten zu können, wurde der Organisation erst durch die gemeinsame inhaltliche Auseinandersetzung über die Ziele der Marke möglich. Erst dadurch wurden Großbrote im Supermarkt-Umfeld vermarktbar. Und heute – zehn Jahre später – hat Interspar noch immer dauerhaft sechs unterschiedliche Großbrote im Sortiment.
»Fragen? Anmerkungen? Ergänzungswünsche?« pflegte Lucas früherer Professor seine Vorlesungen zu beschließen. Und wir wollen es ihm gleichtun: Wenn ihr uns etwas sagen wollt, bitte immer her damit. Unter lucas@machtmarke.info und dirk@machtmarke.info sind wir zu erreichen.